In der Autonomen Provinz Trient werden drei autochthone Minderheitensprachen gesprochen: Fassanisch, Fersentalerisch und Zimbrisch. Alle drei Idiome werden im Atlas of the World's Languages in Danger als akut gefährdet (definitely endangered) eingestuft (vgl. Moseley 2010). Um ihren Fortbestand zu sichern, haben die Autonome Provinz Trient und die Autonome Region Trentino-Südtirol den rechtlichen Status der drei Minderheitensprachen in den vergangenen Jahren sukzessive aufgewertet. Sie sind heute in ihrem jeweiligen Siedlungsgebiet als kooffizielle Amtssprache anerkannt und werden (wenngleich in unterschiedlichem Umfang) in der Schule gelernt und durch die (lokalen) Medien verbreitet. Für die Erschließung neuer sprachlicher Anwendungsbereiche ist die Existenz eines (schrift-)sprachlichen Standards unabdingbar. Bestrebungen einen solchen Standard zu schaffen, gibt es - institutionell gestützt - für das Fassanische seit den 1990er Jahren und für das Fersentalerische und Zimbrische seit Anfang der 2000er Jahre. Den Prozess der Herausbildung der drei Standardvarietäten von seinen Anfängen bis heute erstmals detailliert zu beschreiben und miteinander zu vergleichen sowie damit verbundene Probleme zu benennen, ist ein Ziel der Arbeit. Ein weiteres Ziel besteht darin, im Rahmen einer empirischen Untersuchung die Einstellung der Fassaner, Fersentaler und Zimbern zu den sprachpolitischen Maßnahmen im Allgemeinen und den neu ausgearbeiteten Standardvarietäten im Besonderen zu ermitteln und einzuordnen. Obwohl die Minderheitensprecher über Erfolg bzw. Scheitern der sprachlichen Konsolidierungs- und Revitalisierungsversuche maßgeblich mitentscheiden, ist ihre Haltung diesbezüglich bisher nicht evaluiert worden. Diese Untersuchung möchte dazu beitragen, diese Forschungslücke zu schließen. Die Arbeit gliedert sich in einen deskriptiven und einen empirischen Teil. Im ersten Teil werden die Standardisierungsprozesse des Fassanischen, Fersentalerischen und Zimbrischen anhand Einar Haugens vierstufigem Standardisierungsmodell (Selektion der Norm, Kodifizierung, Implementierung und Elaborierung) (vgl. Haugen 1987, 64) ausführlich darstellt und miteinander verglichen. Im zweiten Teil wird die empirische Untersuchung und deren Resultate vorgestellt. Die Datenerhebung erfolgt qualitativ, da in Übereinstimmung mit Lucke (1995, 273) die Auffassung vertreten wird, dass ein qualitativer Forschungsansatz besser dazu geeignet ist, ein authentisches Meinungsbild zu erstellen, als ein quantitativer. In den drei Minderheitengebieten wurden zwischen 2009 und 2011 insgesamt 33 strukturierte Interviews durchgeführt und anschließend analysiert, kategorisiert und interpretiert. Als Fazit kann festgehalten werden, - dass die Korpus- und Statusplanung im Fassanischen am weitesten vorangeschritten ist. Unterschiedliche Ursachen können dafür verantwortlich gemacht werden: eine früher einsetzende institutionell gesteuerte Sprachplanung, ein größeres wissenschaftlich-technologisches Know-how und allgemein günstigere Voraussetzung der schulischen und medialen Verbreitung, - dass die Mehrheit der Minderheitensprecher die sprachfördernden und spracherhaltenen Maßnahmen im Allgemeinen begrüß, ihre Wirkungskraft jedoch anzweifelt. Nicht wenige Sprecher prophezeien, dass der Sprachentod unabwendbar ist, - dass sprachliche Fragen (insbesondere orthographische) in kleinräumigen Gemeinschaften mitunter „Sprengstoff“ bergen können. Aus Gründen des Personenschutzes werden die transkribierten Interviews daher nur in Auszügen und nicht vollständig wiedergegeben. Literatur: Haugen, Einar (1987), Blessing of Babel. Bilingualism and language planning. Problems and Pleasures. Berlin u.a.. Lucke, Doris (1995), Akzeptanz. Legitimität in der „Abstimmungsgesellschaft“, Opladen. Moseley, Christopher (Hrsg.) (2010), Atlas of the World’s Languages in Danger, <http://www.unesco.org/culture/en/endangeredlanguages/atlas> (27.02.2013).
Sprachplanung im Trentino.Standardisierungsprozesse im Fassanischen, Fersentalerischen und Zimbrischen und ihre Akzeptanz seitens der Sprecher
BRUENGER, SVENJA
2013
Abstract
In der Autonomen Provinz Trient werden drei autochthone Minderheitensprachen gesprochen: Fassanisch, Fersentalerisch und Zimbrisch. Alle drei Idiome werden im Atlas of the World's Languages in Danger als akut gefährdet (definitely endangered) eingestuft (vgl. Moseley 2010). Um ihren Fortbestand zu sichern, haben die Autonome Provinz Trient und die Autonome Region Trentino-Südtirol den rechtlichen Status der drei Minderheitensprachen in den vergangenen Jahren sukzessive aufgewertet. Sie sind heute in ihrem jeweiligen Siedlungsgebiet als kooffizielle Amtssprache anerkannt und werden (wenngleich in unterschiedlichem Umfang) in der Schule gelernt und durch die (lokalen) Medien verbreitet. Für die Erschließung neuer sprachlicher Anwendungsbereiche ist die Existenz eines (schrift-)sprachlichen Standards unabdingbar. Bestrebungen einen solchen Standard zu schaffen, gibt es - institutionell gestützt - für das Fassanische seit den 1990er Jahren und für das Fersentalerische und Zimbrische seit Anfang der 2000er Jahre. Den Prozess der Herausbildung der drei Standardvarietäten von seinen Anfängen bis heute erstmals detailliert zu beschreiben und miteinander zu vergleichen sowie damit verbundene Probleme zu benennen, ist ein Ziel der Arbeit. Ein weiteres Ziel besteht darin, im Rahmen einer empirischen Untersuchung die Einstellung der Fassaner, Fersentaler und Zimbern zu den sprachpolitischen Maßnahmen im Allgemeinen und den neu ausgearbeiteten Standardvarietäten im Besonderen zu ermitteln und einzuordnen. Obwohl die Minderheitensprecher über Erfolg bzw. Scheitern der sprachlichen Konsolidierungs- und Revitalisierungsversuche maßgeblich mitentscheiden, ist ihre Haltung diesbezüglich bisher nicht evaluiert worden. Diese Untersuchung möchte dazu beitragen, diese Forschungslücke zu schließen. Die Arbeit gliedert sich in einen deskriptiven und einen empirischen Teil. Im ersten Teil werden die Standardisierungsprozesse des Fassanischen, Fersentalerischen und Zimbrischen anhand Einar Haugens vierstufigem Standardisierungsmodell (Selektion der Norm, Kodifizierung, Implementierung und Elaborierung) (vgl. Haugen 1987, 64) ausführlich darstellt und miteinander verglichen. Im zweiten Teil wird die empirische Untersuchung und deren Resultate vorgestellt. Die Datenerhebung erfolgt qualitativ, da in Übereinstimmung mit Lucke (1995, 273) die Auffassung vertreten wird, dass ein qualitativer Forschungsansatz besser dazu geeignet ist, ein authentisches Meinungsbild zu erstellen, als ein quantitativer. In den drei Minderheitengebieten wurden zwischen 2009 und 2011 insgesamt 33 strukturierte Interviews durchgeführt und anschließend analysiert, kategorisiert und interpretiert. Als Fazit kann festgehalten werden, - dass die Korpus- und Statusplanung im Fassanischen am weitesten vorangeschritten ist. Unterschiedliche Ursachen können dafür verantwortlich gemacht werden: eine früher einsetzende institutionell gesteuerte Sprachplanung, ein größeres wissenschaftlich-technologisches Know-how und allgemein günstigere Voraussetzung der schulischen und medialen Verbreitung, - dass die Mehrheit der Minderheitensprecher die sprachfördernden und spracherhaltenen Maßnahmen im Allgemeinen begrüß, ihre Wirkungskraft jedoch anzweifelt. Nicht wenige Sprecher prophezeien, dass der Sprachentod unabwendbar ist, - dass sprachliche Fragen (insbesondere orthographische) in kleinräumigen Gemeinschaften mitunter „Sprengstoff“ bergen können. Aus Gründen des Personenschutzes werden die transkribierten Interviews daher nur in Auszügen und nicht vollständig wiedergegeben. Literatur: Haugen, Einar (1987), Blessing of Babel. Bilingualism and language planning. Problems and Pleasures. Berlin u.a.. Lucke, Doris (1995), Akzeptanz. Legitimität in der „Abstimmungsgesellschaft“, Opladen. Moseley, Christopher (Hrsg.) (2010), Atlas of the World’s Languages in Danger,File | Dimensione | Formato | |
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https://hdl.handle.net/20.500.14242/180414
URN:NBN:IT:UNIVR-180414